Jahreswechsel 2014/2015
Wir wünschen allen ein erfolgreiches Jahr 2015! Voller Tatkraft nahmen die Ehrenamtlichen die Arbeit auf nach den prägenden Erfahrungen des vergangenen Jahres, geschildert in diesem Info-Brief #34.
Zwei markante Vorfälle beeinflussten die Stimmung des letzten Jahres. Erst zündete jemand in der Nacht zum 21.02. unsere vielen prall gefüllten, sorgsam gestapelten "Gelben Säcke" an. Die Frontscheiben platzten durch die Hitzeentwicklung, der Innenraum war verrußt und musste fachmännisch gereinigt werden. Feuerwehr und Polizei hatten das Schloss der Eingangstür aufgebohrt, aber weder uns noch das Hausmeisterehepaar informiert. Ein diffuses Gefühl von Unsicherheit und Empörung bestimmte die nächsten Tage. Kaum waren die Schäden behoben und reguliert, folgte die nächste Hiobsbotschaft: Ein Brandstifter zündete am 08.04. einen der Transporter an. Diesmal war der Schaden noch größer: nichts als Zerstörung! Einen anschaulichen Bericht finden Sie auf unserer Homepage. Uns fehlte ein Transporter! Der kostenlos zur Verfügung gestellte Wagen war nicht immer greifbar und musste freitags nach Tweelbäke. Der eigene Transporter hätte sowieso ersetzt werden sollen, also beschlossen wir, zwei neue Kühlfahrzeuge zu bestellen, deren Kosten natürlich gedeckt waren. Auslieferung konnte aber erst nach Monaten erfolgen, also kauften wir für den Übergang einen einfachen Transporter. Die tägliche Arbeit war gekennzeichnet durch Improvisation und Kompromisse. Allen Ehrenamtlichen wurde viel abverlangt, aber wir machten weiter. Seit Ende des Jahres sind endlich die neuen Kühlwagen da, so dass wir die alten abstoßen können. Es ist zwar zurzeit sehr eng mit 4 Fahrzeugen, aber die Erleichterung ist groß!
2014 konnten unsere Weihnachtstaschen als Geschenke für die
Nutzer durch Spendengelder der NDR-Aktion von 2013 "Hand in
Hand für Norddeutschland" gefüllt werden. Auch die
Weihnachtsfeier für Wohnungslose und Einsame, die jedes Jahr
von der Bahnhofsmission ausgerichtet wird, konnten wir mit diesen
Mitteln finanzieren.
Die Weihnachtspäckchen-Aktion von
Kindern für bedürftige Kinder war ein voller Erfolg, wurde
sie doch heimlich-sehnlichst erwartet. Neben den üblichen
Spendern Hermann-EhlersSchule, Waldorfschule, IGS Helene Lange, den
Sunshine Liners aus Westerstede und mehreren Kindergärten
brachten auch der "Verschenkmarkt" und Privatleute
Päckchen vorbei. Über 1.500 hübsch verpackte
Geschenke konnten wir verteilen, wie üblich bekam das
Frauenhaus seinen Anteil, und vor allem Ibis e.V., um die
Flüchtlingskinder überraschen zu können. Im
Sommer konnten wir wieder viele Kinderbücher verteilen, die von
der SelbstLosStiftung organisiert worden waren
(www.selbstlos-stiftung.de). Und natürlich laufen unsere
langfristigen Projekte für Kinder weiter; im Moment gibt es 17
davon. Außerdem holen wöchentlich mehrere Gruppen
Lebensmittel bei uns, um gemeinsam zu kochen.
Eigentlich waren im letzten Jahr durchgehend Praktikanten anwesend. Natürlich wissen wir vorher nicht, wie gut die (zumeist) Jugendlichen einsetzbar sind, aber für unser Renommee sind sie Gold (bzw. Geld!) wert. Neben den Schülerpraktikanten waren zwölf Azubis der Volksbank bei uns, jeweils zu zweit für ein paar Tage. Außerdem vollzogen bei uns drei Angestellte der LzO ihren "Sichtwechsel". Zunehmend melden sich Studenten, um für ihre Studien zu recherchieren, z.B. für journalistische Übungen, zum Thema Ehrenamt, oder zum Wandel der Nutzerstruktur.
Mitte Dezember erbat Diabolo wieder einen Artikel für die weihnachtliche Ausgabe:
"Zuwenig Ware für zu viele Nutzer!"
Die Arbeit der Oldenburger Tafel stößt an ihre Grenzen
Besucher der Oldenburger Tafel e.V. sind überrascht,
manche erschrecken sogar ein bisschen: Größe und
Arbeitsaufwand dieser privaten Einrichtung erwarten viele nicht in
einer Stadt wie Oldenburg. Pro Ausgabetag haben über
dreißig Freiwillige alle Hände voll zu tun, um
Lebensmittel zu sammeln, zu sortieren, zu portionieren und
auszugeben. Müßiggang ist nirgendwo zu entdecken, selbst
die Kaffeepause - wenn es eine gibt - dient der organisatorischen
Absprache. Wird die Warenmenge heute für alle reichen?
Hoffentlich bringen die Fahrteams noch verwertbare Lebensmittel, und
nicht nur Vieles darunter, was leider entsorgt werden muss.
Schließlich werden heute für rund 1.700 Menschen
über 300 Portionen benötigt, und das gilt für jeden
Ausgabetag. Einsame Rentner, kinderreiche Familien,
Alleinerziehende: alle hoffen auf die Unterstützung durch die
Tafel. Aber es melden sich immer mehr Nutzer, und die Warenmenge
nimmt ab. Muss etwa zum zweiten Mal in 19 Jahren ein genereller
Aufnahmestopp für neue Nutzer ausgerufen werden? Die Fahrteams
arbeiten von Montag bis Freitag von 7 - 16 Uhr, die Ausgabeteams von
8 - 17 Uhr; mehr kann niemand erwarten. Über 60 Firmen werden
regelmäßig angefahren, jede Wartezeit oder Suche nach
Verantwortlichen vor Ort machen ungeduldig, denn die Zeit
drängt - immer. Die Kunden der Supermärkte erwarten, dass
Aussortiertes an die Tafel abgegeben wird; es gehört zum
Marketingkonzept der Händler. Aber warum werden die
Freiwilligen oft behandelt, als störten sie? Nicht nur die
körperliche Belastung bei Wind und Wetter ist ermüdend. In
der Ausgabestelle können die Freiwilligen zum Glück auf
die "Schatzkammer" zurückgreifen, in der gespendete haltbare
Lebensmittel lagern. Ob Fischkonserven, Dosengerichte, Kaffee oder
Süßigkeiten bei schwankender Vielfalt und Menge, die
Kammer trägt ihren Namen zu Recht. Und so wird wie immer um 13
Uhr geöffnet, die Nutzer strömen erwartungsvoll herein.
Viele Kinder hoffen auf ein kleines Extra von der Teamleiterin,
Erwachsene schauen schon mal, wie groß die Gemüseauswahl
diesmal ist. Gut gelaunt fangen die Freiwilligen an zu bedienen.
Viele freundliche Worte wechseln in beide Richtungen über den
Tresen. Bald wird wieder ein Ausgabetag erfolgreich geschafft sein.
Ob wohl Morgen jemand eine besondere Extraspende bringt?
In der öffentlichen Wahrnehmung ist unser Umgang mit den
Flüchtlingen ein Problem. Fakt ist, dass wir nicht einfach
über 1.000 Menschen zusätzlich über die Ausgabe
versorgen können, weil wir nicht genügend Ware haben.
Sollen wir etwa langjährige Nutzer auffordern, Platz zu machen?
Das wird allenthalben als sehr heikel eingestuft. In der Folge kam
es zu telefonischen oder schriftlichen Beschimpfungen; auch der
Kontakt mit den zuständigen Ämtern ist nach wie vor
schwierig. Der gefundene Kompromiss: Während des Asylverfahrens
ist die Stadt verantwortlich, danach können sich die
Flüchtlinge, nun auf sich allein gestellt, sukzessive als
Nutzer melden. Leider lässt die amtsinterne Kommunikation sehr
zu wünschen übrig; unsere Teamleiterinnen sehen sich immer
wieder in der unerträglichen Rolle der Ablehnenden. Seit Jahren
beliefern wir freitags eine große Gruppe Flüchtlinge
(145) auf dem Fliegerhorst; eine andere Gruppe lehnte unsere Ware
ab.
Kürzlich wurde die Tafel um Ratschläge gebeten
von Menschen, die sich engagieren möchten. Und jetzt starten
junge Leute ein gemeinsames Kochen mit Flüchtlingen bei Ibis,
finanziert durch die Tafel. Auf diese Weise werden die
Flüchtlinge finanziell entlastet und integriert. In dem Kontext
erhielten wir auch Besuch von Politikern, die sich davon
überzeugten, dass wir nicht noch mehr leisten können. Wie
üblich waren sie beeindruckt von der Menge der fleißigen
Ehrenamtlichen und der Fülle und Vielfalt an Arbeit – und
überrascht, dass Flüchtlinge bei uns mitarbeiten!
Nach vielen Jahren benötigen wir neue, energieeffiziente
Kühlschränke. Wir werden versuchen, eine Stiftung zur
Übernahme der Kosten zu gewinnen, quasi als Anerkennung, dass
alle Auszubildenden ein Kurzpraktikum machen durften (s.o.).
Der Ausbau der Kaiserstrasse verzögert sich leider. Damit sind
vor allem die Fahrteams weiter in ihrer Arbeit beeinträchtigt.
Wir könnten übrigens gerne weitere Unterstützung in
allen Teams gebrauchen! Kontakt: Tel. 5 35 83 Wir danken allen,
die seit Jahren in vielfältiger Weise dazu beitragen, dass die
Oldenburger Tafel erfolgreich und unabhängig arbeiten kann. Ob
als Mitglied. Sponsor, Spender oder Ehrenamtliche – jede Hilfe ist
herzlich willkommen, denn sonst könnten wir nicht jeden Monat
rund 4.500 Menschen in Oldenburg helfen und Lebensmittel vor der
unnötigen Vernichtung bewahren.
Wir wünschen Ihnen und uns ein erfolgreiches Jahr 2015!
Es grüßt Sie herzlich der Vorstand der Oldenburger Tafel e.V.